Warum benutze ich XFCE?

Ich hatte geschrieben, dass ich aktuell XFCE unter Arch verwende. Bevor ich erkläre, was ich an XFCE so mag, erkläre ich vielleicht erst einmal, was XFCE überhaupt ist.

Grafische Oberflächen

Die meisten kennen Windows oder MacOS. Beide Betriebssysteme haben eine grafische Benutzeroberfläche. Und in beiden ist die Oberfläche so wie sie vom jeweiligen Hersteller vorgesehen ist. In Windows haben wir die Taskleiste mit dem Startmenü unten. In MacOS gibt es z. B. das ikonische Dock und die Titelleiste. Was bei beiden Systemen identisch ist: wir als Anwender können die Oberfläche nicht austauschen. Wir können einige Einstellungen verändern, ein wenig die Optik an unsere Vorlieben anpassen, ein Hintergrundbild setzen und dann ist im Wesentlichen Schluss.

Möchten wir aber z. B. in Windows ein Dock haben. Oder in MacOS ein Startmenü, dann wird es schwierig. Vielleicht gibt es einige Drittanbieterlösungen, die so tiefgreifende Änderungen durchführen können, aber eigentlich sind beide Betriebssysteme so wie sie sind.

In Linux ist bekanntlich alles anders. Und so ist es mit den grafischen Benutzeroberflächen. Wer denkt, da gibt es nur eine… tja… nein. Ich kann wahrscheinlich zehn verschiedene Desktopumgebungen aufzählen. Und dann gibt es noch reine Fenstermanager. Den Unterschied erkläre ich hier nicht. Nur so viel… wir haben sehr viel Auswahl. Die bekanntesten und auch am verbreitetsten sind mit Sicherheit Gnome und KDE Plasma. Beides sind mächtige und sehr moderne Benutzeroberflächen. Beide werden ständig weiterentwickelt und verfolgen aktuell auch ganz stark den Kurs voll auf Wayland zu setzen (ich erkläre nicht weiter, was Wayland ist. Das sprengt den Rahmen). Daneben gibt es dann noch weniger verbreitete. Z. B. Cinnamon, der Desktop, den das Linux Mint-Team entwickelt. Und ich… ja ich benutze XFCE.

Was ist XFCE?

XFCE ist eine sehr alte Desktopumgebung. Gnome und KDE Plasma sind ungefähr gleich alt. XFCE ist mittlerweile 28 Jahre alt. Also zum einen in der Softwarewelt ist das uralt, aber XFCE wird immer noch betreut und auch weiterentwickelt. XFCE hat sich schon immer dadurch hervorgehoben, dass es sehr simpel aufgebaut ist. Der Fokus liegt auf Geschwindigkeit und gut durchdachte und sinnvolle Funktionen. Es gibt keinen grafischen Schnickschnack, nur sehr wenig Effekte und wenig mitgelieferte Tools. Für mich ideal: die grafische Benutzeroberfläche nervt mich nicht mit ständiger Ablenkung und sie verbraucht auch keine unnötige Ressourcen für Funktionen, die ich eh nicht nutze.

Und sie funktioniert stabil. Ich habe absolut keine Probleme bisher mit XFCE gehabt. Während KDE Plasma doch den ein oder anderen Bug hat und manchmal einfach abstürzt oder Gnome nach einem Update wieder mit neuen weggelassenen Funktionen oder seltsamen Entscheidungen überrascht (wo ist eigentlich das Systray?), bleibt XFCE sich sehr treu. Die grundsätzlichen Bedienkonzepte, UI-Elemente und Tools haben sich kaum im Laufe der Zeit geändert. Die technische Basis wurde beständig erneuert und ganz langsam geht die Entwicklung jetzt auch für XFCE wohl in Richtung Wayland. Es gibt ca. alle zwei Jahre ein Major-Release.

Mit anderen Worten: XFCE bringt für mich Stabilität, Verlässlichkeit und Kontinuität. Gerade in Verbindung mit Arch ist das angenehm. Ich könnte mehrmals am Tag nach Updates suchen und es wird immer irgendein Paket im System aktualisiert. Die grafische Benutzeroberfläche aber ist hier sehr selten vertreten. So habe ich eine recht hohe Sicherheit, dass nach den Updates XFCE weiter so funktioniert, wie ich es möchte.

Was ich noch sehr an XFCE schätze: es ist sehr gut anpassbar. Es ist kein KDE Plasma. Aber ich finde, es ist gar nicht so weit weg. Die Funktionen, die XFCE hat, können auch oft angepasst werden. Ich habe mir z. B. Rofi als Launcher und Fensterlisten-Menü eingerichtet. Ich benutze gar nicht das Startmenü und könnte es quasi weglassen. Ich habe nur am oberen Bildschirmrand eine Leiste mit den Fenstern, dem Systemtray und der Uhr. Ja… ich habe ein graues Theme eingerichtet. Die modernen, weißen oder gar dunklen Themes vertragen meine Augen überhaupt nicht. Also sieht mein Dateimanager Thunar ein wenig wie Windows 95 aus… grau. Und ganz ehrlich: perfekt für mich.

X11 vs Wayland

XFCE nutzt auch immer noch X11. Alle meine bisherigen Ausflüge in die Wayland-Welt, sei es unter Gnome oder KDE Plasma, hatten ihre kleineren oder größeren Probleme. Mein Emacs z. B. hat eine geringe Latenz beim Tippen. Mein Slicer für den 3D-Drucker macht mit Wayland ab und zu Probleme. Drag und Drop über verschiedene Applikationen hinweg funktioniert nicht immer. Manchmal verschwinden Inhalte aus der Zwischenablage. Für mich sind das alles einzeln betrachtet keine schlimmen Probleme. In Summe nervt es aber.

Unter XFCE mit X11 habe ich all diese Probleme nicht. Vielleicht sind diese Kinderkrankheiten von Wayland dann behoben, wenn XFCE auch Wayland kann.

Vielleicht doch mal etwas anderes probieren?

Aktuell sehe ich keinen Grund, einen anderen Desktop zu installieren. XFCE ist einfach rock solid und für mich der stabile Fels in der hektischen Arch-Welt. Ich warte auf ein neues Thinkpad. Und ich bin ernsthaft am überlegen, ob ich nicht vielleicht Debian darauf installiere. Dann hätte ich wohl die langweiligste Linux-Distribution mit dem langweiligsten Desktop auf dem langweiligsten Notebook. Interessante Idee.

XFCE-Desktop. Hintergrundbild: Eine nächtliche Szene im Retrowave-Stil zeigt ein Paar, das sich vor einem futuristischen Auto unter einem leuchtenden Vollmond befindet, umgeben von Palmen und Neonlichtern.

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